Rosenheimer Forum
für Städtebau und Umweltfragen e.V.

Bahnhof Rosenheim

Bahnhof – Bahngelände Nord

Aktueller Planungsstand (frühzeitige Bürgerbeteiligung Dez.2012)

Erstmals nennt die Stadtverwaltung einen konkreten Zeitplan für die bauliche Entwicklung am Bahnhof. 2016 könnte demnach Baubeginn zwischen Bahnhof und Brückenberg sein. Für die einzelnen Baufelder auf dem „Bahngelände Nord“ werden die Planungen Schritt für Schritt verfeinert. Schräg über die Gleise soll ein Fußgänger- und Fahrradsteg führen.

Am Brückenberg und an dem neuen Rad und Fußgängersteg sollen 8-geschossige Hochhäuser der ansonsten auf 4 Geschosse begrenzten Bauwerke entstehen.

Als Zielgröße für die Neuansiedelung im Bereich Handel werden bis zu 10000 Quadratmeter Verkaufsfläche vorgesehen.
Grundsätzlich keine Tankstellen und Bordelle. Diskotheken, Musiklokale und Veranstaltungsstätten sind vorstellbar.

Baufeld 1 und 2:
Öffentlicher Personennahverkehr (regionaler Busbahnhof), Parken, Dienstleistungen,
Hotellerie, Gastronomie, Ärzte, Gesundheit sowie auf Baufeld 2 ergänzender kleinteiliger
Einzelhandel bis zu insgesamt 800 Quadratmetern.

Baufeld 3:
Handelsstandort in Verbindung mit Bildungs- und Dienstleistungsnutzung. Bis zu 6000
Quadratmeter Verkaufsfläche möglich. Parken gemeinschaftlich in Parkdecks ab dem
zweiten Obergeschoss. Auch gastronomische Nutzung im Außenbereich.

Baufeld 4:
Nicht innenstadtrelevanter Handel (Nahversorgung für das Quartier), Dienstleistungen
(Büro) und sonstiges Gewerbe.

Baufeld 5:
Handelssortimente, die Kunden mit dem Auto transportieren müssen, der Bereich
„Zweirad“ ist ins Auge gefasst; Dienstleisttungen und sonstiges Gewerbe.
Auf Baufeld 3,4 und 5 auch einzelnde Standorte für moderne Lebensmittelanbieter
denkbar (Vollsortiment und Spezialisten wie Bio-Lebensmittelbetrieb).

 

25.01.2013

Stellungnahme zur frühzeitigen Beteiligung

Stadtverwaltung und Stadtrat sind zu beglückwünschen, dass das Gelände in zähen Verhandlungen in städtischen Besitz gebracht werden konnte – und das wohl zu einem günstigen Preis. Das ergibt großen Gestaltungsspielraum, zugleich aber auch die Verpflichtung, diese Chancen optimal zu nutzen. Die Stadt hat mittlerweile 9 Jahre daran gearbeitet, in die jetzige komfortable Planungssituation zu kommen und sollte daher die Umsetzung sorgfältig und ohne unnötigen Zeitdruck definieren. Die Bebauung der einzelnen Baufelder wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, dabei sollten sich die Nutzungen an langfristigen Zielen der Stadt orientieren und nicht an einer kurzfristigen Verwertung. Eine mittel- bis langfristige Realisierbarkeit sollte marktnah untersucht und entwickelt werden.

1.        Die Teilung der ehemaligen Bahnflächen in die Areale nördlich und südlich der Gleisanlagen ist nachvollziehbar. Jedoch ist zumindest grob zu umreißen, welche Funktionen die beiden Teilflächen haben sollen und wie hierbei direkte Funktionsbeziehungen integriert werden können. Welche Planungsziele werden durch die bestehende Bahnunterführung und dem geplanten Steg in der Verlängerung der Münchner Straße gesetzt? Auch gehört hierzu die Festlegung, welche Flächen für eine Frischluftschneise bzw. einer innerstädtischen Grünfläche längs der Bahngleise, in welchem Umfang und auf welcher Seite reserviert werden sollen.

2.        Für den jetzigen Planungsprozess dürfte die Frage von zentraler Bedeutung sein, welche Funktionen das Areal nördlich der Bahnanlagen erstens für die Stadt, zweitens für angrenzende Stadtteile (nördlich, aber auch südlich) und drittens für die Region haben kann. Dazu wäre es naheliegend, die Planung für diese Flächen in das Stadtentwicklungskonzept einzubeziehen.

a.        Die Einbindung in das Stadtentwicklungskonzept ist nicht geschehen und als grundlegender Schwachpunkt der vorliegenden Planung zu bewerten.

b.        Die Frage nach den möglichen Funktionen der Flächen für Stadt, Stadtteile und Region ist gestellt, kann aber aus unserer Sicht (v.a. wegen des fehlenden Bezugs zum Stadtentwicklungskonzept) derzeit nur unzureichend beantwortet werden. Die Verkehrsfunktion findet die angemessene Berücksichtigung. Für die Flächen westlich der Einmündung der Münchner Straße sind allerdings Bezüge zu Stadt und Stadtteilen eher zufällig und z.T. schädlich (dazu s.u.). Außerdem wären östlich des Bahnhofsvorplatzes mögliche Bezüge und Synergien mit dem ehemaligen Post-Gelände  zu prüfen.

c.        Wegen der fehlenden Einbindung in das Stadtentwicklungskonzept droht die Planung  in den Sog anderer Bewertungs- und Entscheidungskriterien zu geraten: Ein möglichst hoher Verkaufswert der Flächen kann so für die Stadtvertreter allzu leicht zum obersten Kriterium werden und sich mit den Interessen privater Investoren an den Flächen treffen.

d.        Die unter b) und c) angeschnittenen Punkte manifestieren sich in der Ansiedlung weiteren Einzelhandels mangels überzeugender anderer Nutzungen. Es sei darauf hingewiesen, dass die für „verträglich“ gehaltenen Verkaufsflächen gegenüber 2004 – nicht ganz unerwartet – nach oben korrigiert werden. Zudem werden im Einzelhandelskonzept gerade die Sortimente Textil und Schuhe richtigerweise ausgeschlossen und die hier vorgeschlagenen verbleibenden Nutzungen sind an anderen Standorten überwiegend ausreichend etabliert (z.B. Zoo, Rad). Es besteht daher die Gefahr, dass für einen Verdrängungswettbewerb wertvolle städtische Flächen geopfert werden. Wichtig ist uns auch folgende Kritik:
1. Die vorgesehene Nutzung wird insbesondere die bestehende Nahversorgung in den angrenzenden Wohngebieten verdrängen und die Nahversorgungssituation für die betroffenen Bewohner verschlechtern. Hier teilen wir nicht die in den Erläuterungen geäußerte Ansicht, dass die Nahversorgung  im Nahbereich unzureichend ist (siehe Tengelmann und Norma in der Aventinstr., die im Gegensatz zu dem an den Gleisen geplanten Standort direkt im Wohngebiet liegen). Diese Nutzung würde unserer Ansicht im Bereich südlich der Bahn eine sinnvolle Ergänzung der Nahversorgung darstellen.
2. Flächenintensive Nutzungen wie ein Testgelände für Fahrräder o.ä. sind an einem so zentralen Standort Verschwendung von knappen Ressourcen und entsprechen nicht der Bedeutung der Lage
3. Ähnliches gilt für Fachmärkte mit hohem Flächenbedarf.
4. Die westlich der Münchner Straße vorgesehenen Nutzungen drohen zu (z.T. schädlichen) Fremdkörpern gegenüber ihrem städtischen Umfeld zu werden.

e.        Wir regen an auch Wohnnutzung in diesem Gebiet zu prüfen, um ein durchmischtes Stadtquartier zu bekommen, als auch die Lagegunst am Bahnknoten dazu auszunutzen.

f.          Wegen der für den ÖPNV günstigen Lage regen wir an, weiter nach Nutzungen zu suchen, die der zentralörtlichen Bedeutung Rosenheims angemessen sind. Vor allem im Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich können sich hier die nächsten Jahre noch zusätzliche Bedarfe ergeben.

3.        Die geplante Höhenentwicklung mit Hochhäusern als städtebaulichem Akzent sehen wir als Grundüberlegung nachvollziehbar, hier aber kritisch. Es befinden sich unmittelbar nördlich des Plangebiets eine Ansammlung von Hochhäusern (Landratsamt, Punktwohnhäuser in der Eidstr. und auch südlich markante „Hochpunkte“, wie die Kunstmühle und Kathrein) und zudem als historische und städtebauliche Dominante die Auer- Brauerei. Diese Anhäufung könnte die Wirksamkeit der neuen Hochhäuser im Sinne der Gesamtstadtbildes  in Frage stellen. Weiterhin und im Zusammenhang mit dem Vorgesagten muss auch nach einer der Bedeutung als städtebaulicher Akzent angemessenen Nutzung gefragt werden. Gibt es außer einer austauschbaren Büronutzung den Bedarf nach einer anderen, möglichst auch symbolisch bedeutsamen Nutzung? Ist am Übergang zur Innenstadt eine weitere Hochhausentwicklung gewünscht und der Stadt angemessen? Sind dies nicht Fragen, die im Zusammenhang mit den anderen Zielen im Rahmen des Stadtentwicklungskonzept beantwortet werden sollten?

Das Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen plädiert dafür, die jetzige Planung westlich der Münchner Straße  zurückzustellen, allenfalls vorbereitende Untersuchungen zu tätigen und diese Flächen zusammen mit den südlichen ehemaligen Bahnflächen in die Überlegungen zum Stadtentwicklungskonzept einzubinden.

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